Ostermarsch Hamm: Gute Beteiligung der LAG NRW

Am Ostermarsch in Hamm beteiligten sich viele Genoss*innen der Landesarbeitsgemeinschafr Selbstbestimmte Behindertenpolitik. Der Ostermarsch machte Station an mehreren Bunkern der Stadt und dort wurden Augenzeugenberichte aus den Kriegsjahren verlesen. In Redebeiträgen u.a. von Kathrin Vogeler, Bundestagsabgeordnete der LINKEN, wurde auf die zunehmende Aufrüstung und die Kriegsgefahr eingegangen.

Die Genossin Elisabeth Umezulike unserer LAG hielt einen Beitrag gegen die Bundeswehr an den Schulen. Diesen könnt Ihr hier lesen:
 

Beitrag Ostermarsch Hamm 2019

Krieg ist Mord. Und Soldaten sind Mörder. Nicht wenige Gerichtssprozesse hat es um dieses Zitat gegeben, seitdem es von Kurt Tucholsky 1931 in der Weltbühne veröffentlicht wurde. Alle Beschuldigten wurden freigesprochen, denn selbst für das Bundesverfassungsgericht ergab sich aus dem Kontext der Äußerungen, dass es sich nicht „um die Herabwürdigung von Soldaten als Personen, sondern um die Verurteilung von Soldatentum und Kriegshandwerk ging, weil diese im Ernstfall mit dem Töten anderer Menschen verbunden sind.“

Wer folglich als Rekrut den Dienst in einer Armee antritt, beginnt damit eine Ausbildung zum Mörder. Und genau dafür macht die deutsche Bundeswehr seit einigen Jahren mit einer groß angelegten Imagekampagne Werbung.

Die hashtags lauten ‚retten‘, ‚kämpfen‘, ‚führen‘...aber fehlt da nicht etwas?

Genau: Vom #‚Töten‘ oder #‚Sterben‘ ist dort selbstverständlich nicht die Rede.

Vielmehr inszeniert sich die BW als normaler und ziemlich interessanter Arbeitgeber mit zahlreichen Karrierechancen und coolen Möglichkeiten der Selbstverwirklichung, so auf großformatigen Werbeplakaten und vor allem in den verschiedenen Youtube-Serien der BW. Dass das erfolgreich entwickelte Selbst eines Soldaten oder einer Soldatin nur einem Zweck dient, nämlich das Kriegshandwerk zu erlernen und sich als potentieller Mörder zur Verfügung zu halten, schimmert durch den glitzernden Tarnanzug der Attraktivitätsoffensive, bestehend aus Bildern von jungen Sympathieträger*innen und Grenzerfahrungs-Abenteuercamps mit spannenden Survivalübungen kaum hindurch.

Seitdem 2011 die Wehrpflicht abgeschafft wurde, hat die BW viel Geld in die Pflege ihres Images investiert, 2017 wurden dafür 39 Mio Euro ausgegeben. Gleichzeitig beinhaltet das 2015 verabschiedete BW-Attrakivitätssteigerungssgesetz Maßnahmen zur Modernisierung der Unterkünfte, besseren Besoldung und größeren Vereinbarkeit von Kriegshandwerk und Familienleben (ein Widerspruch in sich!).

Statt der eher ernsten Grundstimmung der Kampagne Wir.Dienen.Deutschland herrscht jetzt eine jugendlich lockere Ästhetik vor, hip und druchgestylt, mit suggestiven Bildern, und an die Vorstellungen junger Menschen von Coolness angepasst. Auch junge Frauen sind mehr und mehr zum Zielobjekt der Werbeoffensive geworden.

Ebenso suggestiv wurde in den letzten Jahren im politischen Diskurs der Begriff der  ‚Verantwortung‘ Deutschlands verankert, beauftragt mit diesem diskursiven Angriff war vor allem der frühere Bundespräsident Gauck. Inzwischen sind wir wohl an den Euphemismus von der deutschen ‚Verantwortung‘ gewöhnt, der sich wie ein olivgrüner Schleier über die Tatsache legt, dass deutsche Soldat*innen in der ganzen Welt in Kriegseinsätze verwickelt sind. Und wir alle wissen, dass ihre Aufgabe etwa in Afghanistan nicht darin besteht, Brunnen zu bohren oder junge Mädchen zur Schule zu begleiten.

‚Folge deiner Berufung‘ schreit es von den Werbeplakaten mit glatten, jungen, noch unzerstörten Gesichtern, der Berufung nämlich, imperialistische deutsche Interessen mit Waffengewalt in der ganzen Welt durchzusetzen, am Hindukusch, in Mali und anderswo. Denn niemand vermag wohl zu leugnen, dass die BW von einer sogenannten ‚Verteidigungsarmee‘ zu einer ‚Armee im Einsatz‘ geworden ist. Die Verwicklung in Kriegshandlungen, das Töten und das Sterben, Verletzungen und Traumatisierungen sind zum Alltag von Angehörigen der Bundeswehr geworden.

Noch aber lehnt ein großer Teil der Bevölkerung diese Politik ab und nur verhältnismäßig wenige Jugendliche sind bereit, für die ‚deutschen Interessen‘ in den Krieg zu ziehen.

Entsprechend massiver bemühen sich die Werbestrategen der BW um Zugang zu den Köpfen und Herzen der Jugendlichen und versuchen sie vor allem dort zu erwischen, wo sie am verletztlichsten sind, in der Schule nämlich, auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz und Perspektiven für das Berufsleben, dort also, wo sie auf die Unterstützung und die Fürsorge von wohlmeinenden Erwachsenen angewiesen sind und diesen Vertrauen entgegenbringen müssen.

Eindringliche und psychologisch geschickt gemachte Bilder und die besonders geschulten Jugendoffiziere verbreiten im Klassenzimmer und auf Berufsbörsen ihre Mär vom großartigen Arbeitgeber Bundeswehr, von Selbstverwirklichung, Abenteuer und Grenzerfahrung, Kameradschaft, Karriere und sozialer Sicherheit und vermitteln gleichzeitig das Gefühl, über die Zugehörigkeit zur Truppe persönliche Reife und moralische Überlegenheit zu gewinnen, kurz einige Versprechungen, die für junge Menschen auf der Suche nach dem eigenen Weg sehr anziehend sind.

Jedes Jahr erreichen allein die Jugendoffiziere und sogenannten Karriereberater der BW an Schulen mehr als 400.000 Schüler*innen, darunter auch Kinder von gerade einmal 11 Jahren. Weitere Jungen und Mädchen werden mit Kasernenbesuchen, Waffenschauen oder Freizeit-Events geködert. Diese Werbung für Militäreinsätze widerspricht klar den Prinzipien der auch von Deutschland unterzeichneten UN-Kinderrechtskonvention, doch sie zahlt sich aus für die BW: 2017 wurden 2128 Minderjährige als Soldaten rekrutiert, im letzten Jahr ist die Zahl erfreulicherweise gesunken (da waren es 1679 minderjährige Rekruten). Diese erhalten dieselbe militärische Ausbildung an der Waffe wie erwachsene Soldaten und werden oft schon bald nach Erreichen der Volljährigkeit in Auslandseinsätze geschickt.

Aber nicht nur Jugendliche sind Zielgruppe der BW-Propaganda. Auf die ganze Gesellschaft bezogen, geht es dabei zum einen um wachsenden Zuspruch zur BW als Institution und die Rekrutierung kampfwilligen Nachwuchses, zum anderen aber auch um den grundsätzlichen Zuspruch zur Verteidigungs- bzw Kriegspolitik der Bundesregierung und damit um die Akzeptanz laufender und kommender Kriegseinsätze weltweit.

Wir alle haben gestaunt angesichts der Kraft, die von der jugendlichen Widerstandsbewegung gegen die Klimakrise ausgeht.

Dabei ist nicht zu vergessen: Klimakrise und Krieg sind eng miteinander verflochten, teilweise bedingen sie einander. Die Produktion der Kriegsmaschinerie weltweit trägt zum Ausstoß von Treibhausgasen bei, gleichzeitig sorgt die Klimakrise mit der Gefährdung und letztendlich Zerstörung der Lebensgrundlagen in einigen Erdteilen für mehr Konflikte, kriegerische Auseinandersetzungen und Flucht.

Außerdem fehlen die Ausgaben für Rüstung im Kampf gegen die Klimakrise: 2017 etwa wurden in erneuerbare Energien 16 Mrd Euro investiert. Zum Vergleich der Militärhaushalt für 2019: er beträgt 43 Mrd Euro und Kriegsministerin von der Leyen drängt auf eine Erhöhung auf 60 Mrd Euro.

‚‚Fridays for Future‘ bedeutet in der Konsequenz, dass sich junge Menschen nicht mehr von Erwachsenen anlügen, beschwichtigen, vertrösten, klein halten lassen.

Wir brauchen genau solche und mehr junge Menschen, die ebenso das Märchen von der BW als normalem Arbeitgeber und Selbsterfahrungs-Tummelplatz öffentlich in Frage stellen, die Forderungen stellen nach Abrüstung, Stop der Rüstungsexporte, friedlichen Beziehungen zu Russland und Austritt aus der NATO.

Und wir brauchen mehr Erwachsene, die ihnen die Wahrheit sagen: Frieden entsteht nicht durch Kriegsvorbereitungen, die NATO unter Führung der USA ist ein aggressives Angriffsbündnis, das imperiale westliche Interessen vertritt und jede und jeder, der Soldat oder Soldatin wird, trägt nicht zur Sicherung der Zukunft der jungen Generation bei, sondern hilft denen, die sie in große Gefahr bringen.